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Corona als Chance für eine Wertepositionierung: Wirtschaftsethische Überlegungen am Beispiel von Sustainable Finance
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Unsere Welt läuft derzeit im Krisenmodus. Die Covid-19-Pandemie erfordert einen kollektiven Abwägungsprozess zwischen Gesundheit, Freiheit und Wirtschaft. Es gibt beeindruckende Bilder, wie Menschen an offenen Fenstern oder Balkonen für die Helfer*innen der Krise klatschen, wie politische Streitereien verstummen, wie Unternehmen ihre Produktionsstätten nutzen, um Masken für Menschen herzustellen. Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kooperieren. Solidarität war selten so erlebbar wie in diesen Tagen. Während die Folgen für Konjunktur, Arbeitslosigkeit oder Insolvenzen – zumindest in verschiedenen Szenarien – gut prognostiziert sowie begleitend erforscht werden und Zahlen der Infizierten und Geheilten nahezu in Echtzeit über die Ticker laufen, bleiben sozioökonomische Folgen bislang unterbelichtet. Einiges deutet darauf hin, dass wir nach der Krise so weiter machen wie vor der Krise: So werden u. a. Konsumgutscheine und Abwrackprämien diskutiert, um den Umsatz wieder anzukurbeln. Es mehren sich aber auch Stimmen, die der Ökonomie eine Neuorientierung verordnen oder gar einen radikalen Neustart einfordern. Werte rücken ins Zentrum. Sie sind in der Post-Corona-Welt gefragt und herausgefordert wie nie. Die Wirtschaft nimmt eine Wertepositionierung vor.
In dem vorliegenden Beitrag soll daher die These vertreten werden, dass die Covid-19-Krise eine Chance für eine Wertepositionierung darstellt. Dies soll am Beispiel der ›Sustainable Finance‹-Bewegung erläutert werden. Dabei wird die Ökonomie von einermonodisziplinären ökonomischen Ursprungskonzeption (›Shareholder Value‹) konsequent auf zentrale Nachhaltigkeitsziele weiterentwickelt (›Shared Value‹) und perspektivisch mit dem Konzept der Wertepositionierung individualethisch verankert (›Shared Values‹). Es geht also letztlich um das Zusammenspiel von Shareholder Value, Shared Value und Shared Values.